Published On: 28. Juni 2023Categories: Aktuelles, News

In Zeiten von Angst und Unsicherheit, kann ein Gefühl aufkommen, dass Ethik ein längst vergessenes Modewort ist. Vielleicht kann Ethik aber auch als Orientierung in solchen Zeiten dienen?

Hemingway soll einmal gesagt haben: „Moral ist das Gut eines Mannes, mit einer viel zu kleinen Pistole.“

Moral und Ethik werden alltagssprachlich zumeist synonym verwendet, allerdings besteht wissenschaftlich ein klarer Unterschied. Moral ist etwas Individuelles, Ethik etwas Generelles. Vereinfacht gesagt, ich kann etwas moralisch in Ordnung finden, während eine Gesellschaft dies verwerflich findet.

An dieser Stelle ein Beispiel mit aktuellem Hintergrund.  Wie kann man Ethik auf das Beispiel unsicherer Zeiten übertragen?

Die gegenwärtige Situation ist für viele ungeklärt, die Folgen erscheinen möglicherweise sowohl menschlich als auch wirtschaftlich dramatisch. Die ganze Welt hat eine Art „Traumatisierung“. Um einen Umgang damit zu finden, bieten sich ethische Konzepte an.

Wie sind solche Situationen zu bewerten?

Beurteilen wir diese Situation ethisch:

  1. Erste Form

Kant

In einer solchen Situation gilt es Gebote und Regeln unbedingt einzuhalten und weiterhin mit Würde und Respekt allen Menschen zu begegnen.

  1. Zweite Form

Utilitaristen

Das Befolgen der Regeln ist für die Gruppe gut, also soll jede(r) dem Folge leisten. Das Wohl aller wird durch den Einzelnen bestimmt.

  1. Dritte Form

Tugendethik

Der Mensch ist von Grund auf gut, selbstverständlich wird er den Geboten Folge leisten und andere mit Würde und Respekt behandeln.

Allen Ethikformen gemein ist, dass Geboten oder Regeln Folge zu leisten ist und jeder Mensch mit Respekt und Würde zu behandeln ist. Damit entsteht letztlich eine Rechtfertigung der Handlungen. Gerechtes Handeln legitimiert und beruhigt und macht bestenfalls die „Welt“ etwas besser.

Hinweis

Demgegenüber steht die Individualethik, die durch den jeweiligen Umgang des Individuums, mit der o. g. Erkenntnis, sichtbar wird.

Ethische Handlungskonzepte sind aber keine Einbahnstraßen. Geboten oder Regeln zu folgen, bedeutet ebenso, dass die Gesellschaft damit eine Verpflichtung eingeht. Insbesondere für die, denen es schwerfällt, mit einer solchen Situation umzugehen und/oder denjenigen, die direkt unter den Auswirkungen „leiden“, bzw. direkte Folgen erleben (z. B. Obdachlose). Vereinfacht gesagt, nennt sich dies Gesellschaftsvertrag.

Einem Gesellschaftsvertrag wird ein gegenseitiger Nutzen unterstellt. Ob Ethik einen Nutzen hat oder eine Ideologie (Glaubenshülle) wird, ist eine recht enge Grenze. Der Gesellschaftsvertrag besagt aber auch, dass Gebote und Regeln sich anpassen können oder müssen.

Zusammenfassend

Ein Gesellschaftsvertrag funktioniert am besten, wenn ein klarer Nutzen erkennbar ist, die Zeit bestimmt und das „Danach“ definiert ist.

In einer wissenschaftlichen Ausarbeitung würden für eine ethische Beurteilung der Situation zunächst Daten und Fakten zur Situation erhoben, so soll auch Obama vorgegangen sein. Folgend würden die möglichen ethischen Handlungskonzepte vorgestellt und auf die Situation übertragen. In welchem Kontext stehen Ethik und Individualethik? Zentrale Kriterien für eine Beurteilung wären also Nutzen, Dauer und Ergebnis.

Persönlich erfolgt solch eine Beurteilung in einem Abgleich zwischen genereller und Individualethik. Gerade unsichere Zeiten verleiten dazu, „Ich – first“ zu rufen.

Helfen vielleicht weitere Ethikkonzepte? Da wären noch:

Die christliche Ethik z. B. hat eine gänzlich andere Wahrnehmung von ethischer Verpflichtung, auch in Zeiten der „Pest“ hat die Kirche geholfen, die Verpflichtung zur Hilfe stand über allen anderen Dingen.

Aus nihilistischer Sicht würden solche „Kurven“/Ereignisse als regelhaft und normal eingestuft werden und dem Individuum die Entscheidung überlassen.

Der Fähigkeitenansatz von Martha Nussbaum, würde das Individuum und seine Selbstbestimmung vordringlich sehen. Die Soziale Arbeit ist verpflichtet, allen Menschen ihre Fähigkeiten zu lassen. Die Gebote wären hiernach irgendwann nachrangig.

Letztlich bleiben die Fragen, welche Ethik sehe ich als leitend, welche Individualethik steht demgegenüber, welchen Nutzen hat der Gesellschaftsvertrag und welche Verantwortung/Verpflichtung habe ich als Person.

Vielleicht ein guter Zeitpunkt, um sich an die Grundfesten der Ethik zu erinnern – das „Wir“ gewinnt.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/person-die-einen-stressball-halt-339620/

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